METALOG® Trainingspreis Gold 2020

»Was, wenn es Verlässlichkeit nicht gibt?«

Der Gewinner unseres diesjährigen Trainingspreises Gold ist die MOVENDO Consulting GmbH aus Holzminden. Gemeinsam mit der Bayer AG, mit der sie bereits seit zehn Jahren kooperiert, erarbeitete MOVENDO das Führungskräfte-Lernprojekt Umstrukturierung – das jetzt für den Einsatz des METALOG®Tools FutureCity mit Gold prämiert wurde.

Das Lernprojekt besteht aus zwei 2019 entwickelten Programmen, die als Lernreisen von jeweils 6 Monaten angelegt sind und Führungskräfte auf unterschiedlichen Stufen in der Entwicklung ihrer Wirksamkeit in der Führungsrolle unterstützen. Das erste Programm, Developing Leadership Mindset, richtet sich an Personen, die ihren persönlichen Ansatz von Führung und Zusammenarbeit gezielt entwickeln wollen. Das zweite Programm, Leading Team Culture, zielt auf Führungskräfte, die Verantwortung für die Kultur in einem Team tragen.

Als Blended-Learning gestaltet, umfasst jedes der beiden Programme vier virtuelle Workshops sowie zwei Präsenzworkshops und wird abgerundet mit Peer-Coaching in der Umsetzung, individuellem Transfercoaching und digitalen Lernimpulsen. Im Rahmen der Bayer-Leadership Academy -Trainingsprogrammen werden seit vielen Jahren die METALOG® training tools Leonardo’s Bridge , Complexity , Tower of Power und SysTeam eingesetzt. In das Gesamtkonzept wurde das ebenfalls erst 2019 von METALOG®neu entwickelte Tool FutureCity bereits erfolgreich eingearbeitet. Alle virtuellen und die Präsenzworkshops der Führungskräfteentwicklungsprogramme basieren auf dem didaktischen Prinzip Interaktion – Reflexion – Vertiefung – Transfer . Das bedeutet, dass zunächst Interaktion, Aktivität und Simulation stattfinden. Das Erlebte wird dann gemeinsam und individuell reflektiert, bevor es theoretisch vertieft wird. Abschließend folgt eine Phase, in der bewusst der Transfer in den eigenen Alltag vorbereitet wird.

Neben Rollenspielen und Fallarbeiten kommen vor allem die METALOG® Tools Complexity , Das Band XXL (im Programm Developing Leadership Mindset) und FutureCity und CollaborationPuzzle (im Programm Leading Team Culture) unter Einbeziehung der EOL-Methode von METALOG® zum Einsatz. Die vier Tools werden unterschiedlich genutzt:
Das Band XXL wird als Aktivierungsübung nach der Mittags-pause und gleichzeitig als metaphorische Erfahrung für das Zusammenwirken von Stabilität und Veränderung eingesetzt.
CollaborationPuzzle dient als Entscheidungssimulation und macht die Themen Umgang mit Komplexität und Mehr-Hirn-Denken, die Gestaltung von Entscheidungsprozessen im Team und die Nutzung von Vielfalt erlebbar.
Complexity wird so eingesetzt, dass Führung als Gestaltung von Rahmenbedingungen, die Leistung ermöglichen, erlebbar wird, aber auch deutlich wird, wie Unsicherheit entsteht und damit umgegangen wird.

Im Folgenden wollen wir ein besonderes Augenmerk auf den prämierten Einsatz von FutureCity legen
Das Setting: FutureCity wird im Rahmen der Lernreise Leading Team Culture in einer eigens von MOVENDO entwickelten Variante als gemeinsame Lernerfahrung der Gruppe am Vormittag des ersten Tages des Präsenzworkshops eingesetzt. Zuvor hat sich die Gruppe beim virtuellen Auftakt der Lernreise kennengelernt und sich bereits mit der Idee eines systemischen Führungsverständnisses auseinandergesetzt. Sie hat erarbeitet, dass Führung die Gestaltung und Aufrechterhaltung eines Rahmens ist, der anderen zur Leistung verhilft. Dieses Verständnis von Führung in Verhalten umzusetzen, ist ein wesentlicher Aspekt der Inszenierung von FutureCity . Darüber hinaus wirkt die Lernerfahrung aber auch grundlegend für die gesamte Lernreise, da die Simulation so angelegt ist, dass fundamentale Annahmen und Glaubenssätze zutage treten, also beobachtbar werden und damit auch bearbeitbar sind.

  • 1. Die Gruppe aus 20 Teilnehmenden wird in eine Gruppe aus 9 Führungskräften und eine Gruppe aus 8 Teammitgliedern aufgeteilt. Die anderen 3 Teilnehmenden agieren während der 90-minütigen Simulation als Beobachter, um abschließend ihre Beobachtungen zu der Frage, „Wie haben die beiden Gruppen zum Scheitern und zum Gelingen der Aufgabe beigetragen?“ einzubringen.
  • 2. Die einzelnen Gruppen begeben sich jeweils in einen separaten Raum. Um die Erwartungen innerhalb der jeweiligen Gruppe abzugleichen und einen ersten Rahmen für das Führungshandeln in der Simulation zu setzen, tragen jeweils die Teammitglieder und Führungskräfte zusammen, wie sie geführt werden wollen bzw. wie sie führen wollen.
  • 3. Nach 20 Minuten erhalten die Führungskräfte die eigentliche Aufgabe in schriftlicher Form in Verbindung mit der Aussage „Die Simulation beginnt jetzt, ihr habt alle nötigen Informationen in dem Dokument und seid dafür verantwortlich, euer Team zum Erfolg zu führen“. Zusätzlich erhalten die Führungskräfte noch jeweils 1–2 der Bildkarten für die FutureCity Durchführung in einer Gruppe mit 13–24 Akteuren.Dabei ist es wichtig, dass mindestens zwei Komplettansichten aller vier Gebäude verteilt werden. Ob ein Teilnehmender ansonsten zwei Karten desselben oder zwei Karten unterschiedlicher Gebäude erhält, ist nicht entscheidend. Sie werden nochmals darauf hingewiesen, dass diese Bilder vertrauliche Informationen sind, die sie niemandem zeigen, aber darüber sprechen dürfen.

FutureCity wurde von MOVENDO folgendermaßen als „Umstrukturierung“ inszeniert:
„Ihr Vorstand hat die Umsetzung einer neuen Organisationsstruktur beschlossen, um in Ihren Märkten erfolgreich sein zu können. Ihre Organisation wird aus einer Vertriebsabteilung, aus Forschung und Entwicklung, Produktion und einem Verwaltungsbereich bestehen. In Ihrer neuen Struktur ist der Produktionsbereich äußerst robust gestaltet, F&E garantiert Weitsicht und beobachtet den Markt, der Vertrieb ist stark auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtet und der Verwaltungsbereich ist schlank aufgestellt. Als Führungsteam sind Sie für die Umsetzung dieser Umstrukturierung verantwortlich. Sie arbeiten in Ihrem Teamleiterbüro und haben keinen Sichtkontakt zu Ihrem Team, das Ihre Anweisungen in einem separaten Raum umsetzen wird. Ziel ist die Umsetzung der vorab festgelegten Umstrukturierung innerhalb der nächsten 60 Minuten ab jetzt. Sie können so oft Sie möchten mündlich mit Ihren Teammitgliedern kommunizieren. Da jeder von Ihnen für einen bestimmten Aspekt der Implementierung verantwortlich ist, erhalten Sie eine Reihe vertraulicher Bildkarten, die Sie niemandem zeigen dürfen. Sie dürfen über den Inhalt dieser Dokumente sprechen, aber weder Ihre Kollegen noch Ihre Mitarbeiter dürfen sie einsehen und Sie dürfen auch keine Notizen dazu weitergeben. Ihr Vorstand wird das Endergebnis mit dem vorgegebenen Blueprint abgleichen.

Es gelten die folgenden Regeln:

  • Das Organisationselement (Vertrieb, F&E, Produktion, Verwaltung) darf auf keinen Fall geändert werden. Diese Bereiche müssen gemäß Blueprint aufgestellt werden.
  • Sie dürfen zum Schutz der Urheberrechte keinerlei Notizen, Bilder oder Zeichnungen erstellen. Sie dürfen nur mündlich kommunizieren.
  • Die Umsetzung erfolgt im Umsetzungsbereich und alle Elemente der Umstrukturierung müssen dort verbleiben.
  • Alle Teammitglieder müssen sich aktiv an der Aufgabe beteiligen.“

 

Moderationsstil:
Insgesamt halten sich die Trainer zurück, lassen die Simulation laufen, beobachten und intervenieren nur, wenn Spielregeln verletzt werden. Ziel ist es, sicherzustellen, dass der Verlauf der Simulation möglichst wenig durch die Trainer beeinflusst wird und damit jedes Ergebnis auch tatsächlich von den Teilnehmenden selbst

Durchführung:
Nach 60 Minuten beenden die Trainer die Simulation und es erfolgt eine gemeinsame Evaluierung des Umstrukturierungsprojekts. Dazu stellen die Trainer unter anderem die Fragen:

  • „Wenn ihr von der Umstrukturierung betroffen wärt, wie zufrieden seid ihr dann mit dem Ergebnis, das ihr erzielt habt?
  • Welche Überraschungen/Besonderheiten gab es eventuell im Verlauf?
  • Inwiefern war es wichtig zu intervenieren/nicht zu intervenieren? Wenn ja, wie?“

 

Entscheidend ist im Anschluss der Brückenschlag in den Alltag:

  • Wo lag der Fokus der Reflexion?
  • Wie wurde die Lernerfahrung in den Alltag hinein übersetzt?
  • Welche Elemente sollten den Transfer und die Nachhaltigkeit fördern?

 

Die Reflexion der Simulation findet auf zwei Ebenen statt:
1. Ebene: Beide Gruppen (Führungskräfte und Teammitglieder) vergleichen zunächst ihre jeweils gesammelten Erwartungen an Führung mit dem Erleben der Simulation und stellen sich diese Ergebnisse gegenseitig vor. Die beiden Perspektiven werden durch die Beobachterperspektive ergänzt und zusammengeführt. Es ist durchaus gewünscht, dass Teilnehmende an dieser Stelle auch individuelle Lernerfahrungen machen, für sich verarbeiten und auch für sich behalten.

  1. Wie behält man als Führungskraft die Bedürfnisse des Teams im Blick, wenn man selbst sehr tief in operative Aufgaben involviert ist?
  2. Wie organisieren Führungskräfte ihr Führungshandeln, die Interaktion mit dem Team und die notwendigen Entscheidungsprozesse?
  3. Wie sorgen Führungskräfte und Teammitglieder für gegenseitiges Feedback?
  4. Wie werden das effiziente Arbeiten in Kleingruppen und die Notwendigkeit zum gemeinsamen Überblick miteinander in Balance gebracht?
  5. Wie gelingt die Rahmengestaltung durch die Führungskräfte und welchen Beitrag leisten die Teammitglieder dazu?
  6. Wie bilden sich welche Muster in der Gruppe der Führungskräfte, in der Gruppe der Teammitglieder und in der gesamten Simulation heraus?

 

2. Ebene: Die Reflexion wird auf der zweiten Ebene der Auswertung zur Veranschaulichung der Herausforderungen einer VUCA-Welt genutzt. Gleichzeitig wird herausgearbeitet, wie unsere Grundannahmen unseren Verhaltensspielraum limitieren oder erweitern können und sich darüber Muster ausbilden, die letztlich zu Kulturelementen werden. Thesen, die aus der Übung gewonnen werden konnten:

  1. Menschliche Interaktion und Kommunikation erzeugen Komplexität. Komplexität ist ein Wesensmerkmal von menschlichem Zusammenwirken, da wir lebende (autopoietische, d. h. uns selbst erschaffende und erhaltende) Systeme sind.
  2. In einer Welt, die durch Komplexität und Dynamik gekennzeichnet ist, ist es schwer bis unmöglich, sichere Voraussagen zu treffen und ebenso wenig, alle Informationen zusammengetragen zu haben oder etwas komplett verstanden zu haben.
  3. Die – wenn auch aus guter Intention heraus gebildeten – Grundannahmen „Ich möchte mir sicher sein“, „Ich brauche erst alle Informationen“ und „Ich möchte einen Sachverhalt erst verstehen, bevor ich Teammitglieder darüber informiere“ sind keine hilfreichen Annahmen in einer Umgebung, die aufgrund ihrer Komplexität und Dynamik diese angestrebte Sicherheit gar nicht zulässt.
  4. Welche Verhaltensfacetten kann ich zeigen, wenn ich von der Annahme ausgehe, dass es keine Sicherheit in meinen Annahmen gibt, sondern Sachverhalte, Informationen und Zustände unsicher sind?

 

Im Anschluss wurden folgende Fragen für Feedback gestellt – bezogen jeweils auf die gesamte Gruppe, die Führungskräfte und die Unternehmenskultur:

  • Was haben Sie selbst über Ihr Verhalten und Ihre persönlichen Grundannahmen gelernt?
  • Was nehmen Sie mit für kommende Lernprozesse?
  • Welche kurz-, mittel- oder auch langfristigen Auswirkungen waren wahrnehmbar?
  • Welche Parallelen zwischen der Simulation und Ihrem Arbeitsumfeld erleben Sie?
  • Wie helfen Ihnen Ihre Erkenntnisse aus der Simulation im Umgang mit Ihrem realen Team und Ihrer Teamkultur?