Condor: Gewinner des Metalog Trainingspreises

Der METALOG® Trainingspreis in Gold geht dieses Jahr an die Trainingsabteilung des Human Factors Training der Condor Flugdienst GmbH für das Trainingskonzept „Ein gutes Team garantiert einen sicheren Flug – Crew Resource Management Training mit Reality-Check® und Complexity“. Das beeindruckende Konzept, das für jährlich über 2.800 Teilnehmer aus Cockpit und Kabine von Trainerteams durchgeführt wird, die selbst fliegerisch tätig sind, zeigt, wie Sicherheitskultur heutzutage trainiert werden kann. Die Jury war sowohl begeistert von einer herausragenden Einbettung der Tools in das Gesamtkonzept als auch von der Übertragung der Interaktionsmetaphern in den betrieblichen Kontext. Wir veröffentlichen hier Auszüge aus dem Konzept.

Das Crew Resource Management (CRM) Training

Das CRM-Training ist ein fester Bestandteil des Sicherheitstrainings für Flugzeugbesatzungen, das jährlich durchgeführt wird. Ziel dieser Maßnahmen ist es, aus Fehlern zu lernen und Unfälle zu vermeiden. Die Teilnahme am CRM-Training ist für alle Flugzeugbesatzungen verbindlich, denn es wird vom Luftfahrtbundesamt gefordert. Es beinhaltet Faktoren aus dem technischen Bereich (Feuerlöschen), aus vorgegebenen Verfahrensabläufen (Evakuie- rungsverfahren) und aus dem zwischenmenschlichen Bereich (Wahrnehmung, Kommunikation, Stressmanagement, Team und Führung). Um die Motivation der Teilnehmer bei den sich jährlich wiederholenden Inhalten aufrechtzuerhalten, werden die Themen in didaktisch und methodisch unterschiedlichen Formaten präsentiert.

Das gesamte Training besteht aus drei Tagen mit unterschiedlichen Trainingsschwerpunkten: Tag 1: Erste-Hilfe-Training, Tag 2: CRM- & Security-Training, Tag 3: Sicherheitsverfahren.

Der Einsatz der METALOG® training tools erfolgt im CRM-Teil. Dieser Teil ist das Kernelement der Sicherheitskultur an Bord bei Condor und spielt in alle Bereiche hinein. An jedem Training nehmen zwischen 15 und 20 Teilnehmer teil.

Ziele des Trainings: Übergeordnetes Ziel ist die sichere Durchführung des Fluges mit zu einer bis zu elf Personen starken Besatzung. Für schnelles Handeln in komplexen und zeitkritischen Situationen sind ein gemeinsames mentales Bild und einheitliches Handeln absolut notwendig. Schwerpunkt des diesjährigen Trainingszyklus war daher, die Kollegen für den Perspektivwechsel in einem großen Team zu sensibilisieren und das sinnhafte Umsetzen von vorgegebenen Verfahrensanweisungen erlebbar zu machen.

Die Tools und ihr Einsatz im Training: Dieses Jahr wurden zwei Tools eingesetzt: Reality-Check® und Complexity.

Reflexion: Der Fokus der Reflexion lag auf der Akzeptanz der Unterschiedlichkeiten, den Wahrnehmungsfallen, den unterschiedlichen Kommunikationsstilen, der situativen Aufmerksamkeit, der Entscheidungsfindung, dem Konfliktmanagement und dem Führungsverhalten. Diese Aspekte bilden die Gesamtheit der Themen ab, wie sie auch vom Luftfahrtbundesamt als wichtige Faktoren für eine sichere Flugdurchführung definiert wurden.

Zentrales Element der Reflexion war die Bedeutung jedes Einzelnen für das Ergebnis: die Erkenntnis, dass ein „wir“ bei „mir“ beginnt – unabhängig von Position und Erfahrung. Aufgrund dieser Erkenntnis nahmen sich die dominanteren Charaktere zurück und die leiseren Charaktere agierten selbstbewusst.

Beiden Tools ergänzten sich hervorragend. Die Wirkung war so nachhaltig, dass immer wieder im Laufe des Trainings wie auch am Folgetag in den Verfahrenstrainings auf die Übungen Bezug genommen wurde.

Fazit: Diese beiden Tools bescherten uns ein überwältigendes Feedback der Teilnehmer. Gerade das am Ende hart erarbeitete, positive Erfolgserlebnis bei RealityCheck® demonstrierte, wie wichtig die Rolle eines jeden – von der jüngsten Flugbegleiterin bis zum erfahrenen Kapitän – in einem Team ist. Die immer wieder aufkommende Frage, wie viel Verfahrenstreue in einem „High Risk Environment“ notwendig ist, wird durch die Teilnehmer bei der Durchführung des Tools Complexity selbst beantwortet. Besonders im diesjährigen Trainingszyklus erlebte das Trainerteam, wie wichtig es ist, die Dynamik der Gruppe zuzulassen und nicht alle Aussagen kommentieren zu müssen.

RealityCheck® wurde zu Beginn des Trainings – wie ein Briefing – eingesetzt, um ein gemeinsames Verständnis zu erreichen. Es ist der „absolute Türöffner“ und führt unmittelbar zu sicherheitsrelevanten Themen. Die Teilnehmer beschreiben RealityCheck® als Zugang zu einem Perspektivwechsel und können hier ihre persönlichen sicherheitsrelevanten Erfahrungen aus dem Arbeitsalltag einbringen. Die Erkenntnis, dass unterschiedliche Sichtweisen auf Verfahrensabläufe keine Bedrohung darstellen, sondern vielmehr zu einem erfolgreichen gemeinsamen Handeln führen, entspricht der Basisannahme der CRMSicherheitskultur. Dieses positive Erlebnis trägt die Gruppe durch den weiteren Tag, motiviert zu anregenden Diskussionen und macht es möglich, eventuell vorhandene Sicherheitslücken in der Teamarbeit zu identifizieren und das gemeinsame Verständnis zu erweitern.

Inszenierung: Nach der allgemeinen Begrüßung wurde den Teilnehmern RealityCheck® wie ein Briefing präsentiert. Alle Teilnehmer kommen aus verschiedenen Welten und sollten innerhalb kurzer Zeit (10 bis 15 Minuten) ein gemeinsames Bild (Flug) entwickeln, das auch in kritischen Situationen Bestand hat und gemeinsames Agieren ermöglicht. Die Aufgabenstellung ist klar definiert: Innerhalb der vorgegebenen Zeit soll eine „zusammenhängende Bildgeschichte“ entstehen. Diese steht für eine sichere und pünktliche Flugdurchführung mit zufriedenen Gästen. Teamplayer sind nicht nur alle Crewmitglieder, sondern auch die Ground Ops, Controller, das Cleaning, Catering etc. Dafür stehen die Bildkarten, die jeweils nur einen kleinen Ausschnitt der Geschichte preisgeben. Was hat das Chamäleon mit einem Supermarkt zu tun ...? Diese scheinbare Unvereinbarkeit zeigt sich im Alltag, wenn z. B. der Stationsleiter die Gäste schon bringen will, die Crew aber ihre Vorbereitungen noch nicht abgeschlossen hat. Dies birgt, wie in der Realität, Konfliktpotenzial, kann zu Frustration und innerem Rückzug führen. Wie geht der Einzelne damit um und welche Auswirkungen hat dies auf das gesamte Team? Wer initiiert und strukturiert die Aufgabe? Übernehmen die Führungskräfte des Teilnehmerkreises automatisch auch in der Übung diese Rolle? Wie gut konnte der Einzelne seine Information vermitteln? Haben die Teilnehmer sich gegenseitig zugehört? Wurde jeder ernstgenommen? Wie reagiert die Gruppe unter Stress? Der Erfolg am Ende, dass die Einzelteile sich doch so sinnvoll zusammenfügen, begeistert jedes Mal aufs Neue und motiviert, unterschiedliche Sichtweisen anzuerkennen und eventuell auch mal die eigene Meinung kritisch zu hinterfragen, um das übergeordnete Ziel zu erreichen.

Complexity hieß im Training „Fliegen Sie erst mal los!“ und wurde gegen Ende des Trainings als Abschlussübung und Bindeglied zum Verfahrenstraining am Folgetag eingesetzt. Es spiegelt den fliegerischen Alltag 1 : 1 wider und zeigt wirkungsvoll die Gruppendynamik einer Crew, die entsteht, wenn die Aufgabe komplex ist, es keine eindeutigen Verfahren gibt und Zeit der wesentliche Faktor ist. Die Teilnehmer werden durch den Praxisbezug unmittelbar zu sicherheitsrelevanten Themen geführt, erhalten direkt Feedback auf ihr eigenes Handeln und erkennen den Mehrwert, wenn sich alle Beteiligten auch unter Druck an vorgegebene Verfahren halten.

Inszenierung: Wie im fliegerischen Alltag wird die Gruppe kurzfristig und schriftlich über die Eckdaten des bevorstehenden Fluges bzw. die bevorstehende Aufgabe informiert. Dies geschieht im Training anhand vorbereiteter Flipcharts. Jeder interpretiert die Aufgabe und Vorgaben ein wenig anders. Es zeigt sich deutlich, wer lieber mehr Information hätte, um agieren zu können, und wer die Regeln etwas „anpasst“, um zum Erfolg zu gelangen.

Das Spielfeld mit den Plastikplättchen steht für den sicheren Rahmen unserer Verfahren. Die Plättchen stehen für die abzuarbeitenden Aufgaben anhand einer Struktur, so wie unsere Verfahren sie vorgeben. Die nicht so eindeutige Aufgabenstellung steht für unvorhersehbare Ereignisse und die Frage „wie viele Regeln brauchen wir in unserem Arbeitsumfeld?“. Was passiert, wenn diese Regeln unterschiedlich verstanden oder gar ignoriert werden? Kollegen, die in der Dynamik der Übung das Spielfeld betraten, wurden von den anderen Teilnehmern darauf hingewiesen. Dies zeigt, wie Feedbackkultur gelebt und verstanden wird. Das Erleben, wie schnell Routine entsteht, und der Erfolg, die Aufgabe trotz Zeitdruck zu bewältigen, untermauern die Sinnhaftigkeit des Regelwerks. Die gemeinsam erarbeiteten Lösungsstrategien lassen die Gruppe sich als Team erleben und bringen viel Dynamik und Spaß in den Trainingsablauf. Schon nach den ersten Einsätzen wurde die Übung umbenannt. Denn wo Zeit ein wesentlicher Faktor ist, heißt es im Flugalltag häufig: „Fliegen Sie erst mal los!“


Begründung der Jury

Die Trainingsabteilung des Human Factors Training der Condor Flugdienst GmbH erhält für das Trainingskonzept „Ein gutes Team garantiert einen sicheren Flug – Crew Resource Management Training mit RealityCheck® und Complexity“ den METALOG® Trainingspreis 2018 in Gold. Die Jury wurde durch folgende Punkte überzeugt:

  • Das Trainerteam um Annette Schmidt präsentierte ein erfolgreiches und praxiserprobtes Trainingskonzept in dem für eine Airline besonders wichtigen Bereich der Security an Bord.
  • Besonders überzeugt hat die Einbettung der METALOG training tools RealityCheck® und Complexity in das gesamte Trainingskonzept. Auffallend war hier wie das Team die Wirkkraft der Tools in ihrem didaktischen Umfeld als Türöffner voll zu nutzen wusste. So gelang ihnen ein erfahrungsorientierter Zugang zu den so wichtigen sicherheitsrelevanten Themen der Airline.
  • Beeindruckt war die Jury von der Anzahl der Trainings und der Teilnehmermenge. Dabei ist es dem Trainerteam gelungen ein Training mit Pflichtcharakter in ein lustvolles neues Lernfeld umzuwandeln, von dem sowohl die Trainer als auch die Teilnehmer voll profitieren konnten.
  • Insgesamt zeigte das Trainerteam um Annette Schmidt, dass sie nicht nur mit METALOG training tools kreativ jonglieren können, sondern sie auch als organische Bestandteile wirkungsvoller Trainingsarbeit einbauen und nutzen können. So sollte die Schulung von Sicherheitskultur, nicht nur in der Luftfahrtbranche, in der Zukunft aussehen!

Tobias Voss, Geschäftsführer Metalog GmbH & Co. KG